§ 2 Abs. 1 AsylbLG in der novellierten Fassung durch das Gesetz zur Änderung des Asylbewerberleistungsgesetzes und des Sozialgerichtsgesetzes (BGBl. 2015 I S. 25), das am 01. März 2015 in Kraft getreten ist, sieht vor, dass abweichend von den §§ 3 bis 7 AsylbLG das Sozialgesetzbuch XII (SGB XII) auf Leistungsberechtigte entsprechend anzuwenden ist.
Voraussetzung des Leistungsanspruchs nach § 2 AsylbLG ist, dass der Antragsteller – abgesehen von der Erfüllung der 15-Monats-Frist – seine Aufenthaltsdauer nicht rechtsmissbräuchlich selbst beeinflusst hat.
Ein Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn der Ausländer versucht, eine Rechtsposition unter Vorspiegelung falscher Tatsachen zu erlangen oder auszunutzen. Der Gesetzesbegründung zu Folge umfasst die rechtsmissbräuchliche Beeinflussung der Aufenthaltsdauer insbesondere die Vernichtung des Passes und die Angabe einer falschen Identität.
Das Sozialgericht Hildesheim hatte sich mit einem Sachverhalt zu beschäftigen, bei dem die Leistung nach AsylbLG nur deshalb gekürzt wurde, weil die geplante Überstellung nach Italien wegen unsicherer Rechtslage, die die Polizeibeamten erkannt haben wollen, abgebrochen wurde.
Das Sozialgericht Hildesheim sah in dem Verhalten der Leistungsberechtigten keine Ursächlichkeit für den Abbruch der Überstellung und verpflichtete den Leistungsträger, Landkreis Holzminden, die Leistungen nach AsylbLG in analoger Anwendung zur SGB XII vorläufig zu erbringen.
Dies zugrunde gelegt, haben die Antragsteller zur Überzeugung des Gerichts bei der gebotenen summarischen Prüfung nicht die Dauer des Aufenthalts rechtsmissbräuchlich beeinflusst, indem sie sich im Rahmen des Abschiebeversuchs am 14. November 2018 gegenüber der Polizei
aggressiv verhielten. Denn die Abschiebung wurde nach dem Vermerk der Polizei aufgrund der rechtlichen Unsicherheit wegen des Termins vor dem Verwaltungsgericht abgebrochen. Nach dem Vermerk war das ggf. rechtsmissbräuchliche, auf Vereitelung der Abschiebung abzielende
Verhalten, nicht kausal für den Abbruch der konkreten aufenthaltsbeendenden Maßnahme. Andere Gründe für einen Rechtsmissbrauch sind nicht ersichtlich.
Sozialgericht Hildesheim Beschluss vom 17.08.2020 – S 42 AY 4014/20 ER